Auszüge aus dem Buch
"Das Maß des Klanges"
von Dieter Ennemoser
Das musikalische Metrum als Konsequenz
der C37-Struktur
Die Anregung kam von meiner Schwester Heidi Ennemoser, die als Dirigierstudentin
private Studien
und Versuche machte, um die Wirkung verschiedener
musikalischer Tempi auf das Gemüt zu erforschen.
Sie konnte
die Feststellung machen, dass verschiedene Personen bei denselben
musikalischen Tempi
gleiche oder ähnliche Empfindungen hatten.
Die
recht eindeutigen Ergebnisse dieser Tests ließen in mir die
Frage aufkeimen: Hat das Tempoempfinden
eine direkte Beziehung
zur C37-Struktur, also zum Klangempfinden? Eine spezifische Eigenart der
C37-Struktur ist ihre Oktavierbarkeit in beide Richtungen. Dies würde
bedeuten, daß man durch mehrfache Halbierung der C37-Frequenzen
in den Schwingungsbereich "Taktschläge pro Minute" gelangen könnte.
Wie würden die Metronomzahlen aussehen, die sich aus dieser Berechnung
ergeben?
Würden sich meine Erwartungen als trügerisch erweisen?
Nach einigen Berechnungen hatte ich folgende Metronomzahlen in
der Hand:
61,4 63,0* 66,8 70,3 75,5 82,8 88,1
93,0 100,0 109,0 113,7 123,0 126,0*
134,0
141,0 151,0 166,0 176,0 186,0 200,0 Schläge pro Minute.
(* = neu, noch nicht im Buch)
Mit Messungen und Vergleichen kam ich zu folgenden Ergebnissen:
C37-Tempi wirken gesund und satt im Klang, als würden
sie im Körper einrasten. Der Körper scheint mitzuschwingen:
Wie eine Schaukel, die durch wiederholte kleine Stöße
zum richtigen Zeitpunkt in weite Schwingung gerät,
lässt
das richtige Metrum den Körper mitschwingen und mitklingen.
Sogar am Klang des Pulsierens des Metronoms (es ist ein
elektronisches mit einem kleinen Lautsprecher) konnte
ich Unterschiede -
abhängig vom Tempo - feststellen:
Das Pochen der
C37-Tempi kam fester, klarer und kraftvoller. Zwischentempi wirkten oft
näselnd und flach.
Diese Zwischentempi scheinen im labilen Gleichgewicht
zu balancieren. Sie bewirken ein unangenehmes,
eine Verspannung erzeugendes
Gefühl, das nach einer Veränderung dieses labilen Zustandes strebt.
Eine neue Frage ergab sich fast schon zwangsläufig: Wie lässt
sich ein Dreier- oder Sechsertakt einordnen?
Sind
die ganzen Taktzahlen maßgeblich oder die Viertel bzw. Achtel?
Es stellte sich heraus, dass sowohl
der ganze Takt als auch die
Viertel (also die dreifache Metronomzahl) mit C37-Metren übereinstimmen
sollten.
Freilich ergibt sich zwangsläufig eine geringere zur Verfügung
stehende Anzahl von Tempi.
Rechnerisch ist diese Bedingung bei folgenden
Metronomzahlen mit genügender Genauigkeit erfüllt:
61,4 66,8
75,5 82,8 100,0.
Diese Tempi wirken auch
beim 2-er Takt durch ihre stärkere Körperresonanz sehr kraftvoll,
wogegen die restlichen fünf Tempi
54,5 70,3
88,1 93,0 und 113,7 leichtgewichtiger, schwebender anmuten und zartere Register
ansprechen können.
Was ergibt sich nun als Schlussfolgerung aus diesen Ergebnissen?
Unser Tempoempfinden entpuppt sich als verlängerte Schwingung unserer atomaren Bestandteile!
Dadurch entsteht eine besondere Beziehung zwischen uns, die wir so sind, wie wir gebaut sind,
und dem, was wir durch Musik von uns geben. Diese besondere Beziehung hat den Namen Musikalität.
Wir erfühlen die musikalischen Tempi nicht als objektive, physikalische Gegebenheit, sondern als Bezug
des Tempos zu unseren nicht bewusst wahrgenommenen eigenen Schwingungen.
Daran konnten auch die zähen Versuche unseres fortschrittsgläubigen Jahrhunderts, der Musik durch
neu erdachte mathematische Funktionen eine neue Struktur zu verleihen, nichts ändern.
Auch wenn Ideologen immer wieder versuchen, die Natur in uns zu leugnen, indem sie "Alles für relativ" erklären, so setzt sich die Natur doch immer wieder in uns durch.
Jeder Orchestermusiker
kennt das Gefühl des Erlangens des gemeinsamen Pulses, welcher sich überträgt
vom Dirigenten zum Spieler, zum Spieler oder auch
vom Spieler zum Spieler, zum Dirigenten, in selteneren Fällen
allerdings auch vom Zuhörer zum Dirigenten zum Spieler, zum Spieler.
Ein Dirigent wird durch die Entdeckung der natürlichen Schwingungen
beileibe nicht seiner Freiheit beraubt,
wie man
im ersten Augenblick glauben möchte.
Auch der Maler wird in seiner Kunst durch die Erkenntnis der Funktion des menschlichen Auges nicht eingeschränkt.
Wer die
natürlichen Zusammenhänge erkennt, kann sich stärker bewusst werden, wie groß die Bedeutung
der Wahl der Tempi, das Beschleunigen bzw.
Verlangsamen und Temporückungen für den Ausdrucksgehalt
der Musik
sind.
Er wird sich auch der Wichtigkeit des Instinkts bewusst werden, ihn pflegen und vielleicht schon
Verschüttetes zutagefördern.